Störgrößen und Steuermechanismen in der Bergwalddynamik

Urwälder in Mitteleuropa?
"Die Verschlechterung des Zustandes der Wälder in den vergangenen Jahrzehnten macht in den meisten europäischen Ländern eine naturnahe Bewirtschaftung der Wälder notwendig. Im Zusammenhang mit der Tendenz zu einer ausgeprägteren ökologischen Orientierung des Waldbaus steigt das Interesse an jenen Waldbeständen, die ihren Urwaldcharakter bzw. naturnahen Zustand bis in die Gegenwart bewahrt haben. Dies regt viele (...) Wissenschafter dazu an, die gewöhnlich in Form von geschützten Naturschutzgebieten vorhandenen Urwaldreste intensiv auf breiter Grundlage zu untersuchen und studieren."

Stefan Korpel, 1995: Die Urwälder der Westkarpaten


Welche Urwaldreste oder -reservate stehen nun der Wissenschaft überhaupt noch zur Verfügung, um Einblick in die Natur der ablaufenden Prozesse zu erhalten und Erkenntnisse für Fragen der Waldbewirtschaftung oder allgemeiner des Waldmanagements, Wildmanagements u. dgl. zu gewinnen?
Ausgedehnte Urwälder gab es in Mitteleuropa bereits im 15. Jahrhundert zumeist nur noch in abgelegenen Gebirgsgegenden.
"In Südeuropa, namentlich im ganzen Mittelmeerraum, wurde der größte Teil der Wälder sogar schon viel früher vernichtet, und auch in Westeuropa blieb nur ein geringer Waldanteil erhalten.
Bei den vielen in der Literatur erwähnten "Urwäldern" handelt es sich daher zumeist um zwar selten und unregelmäßig genutzte, jedoch durch Waldweide, überhegte Wildbestände oder sonstwie wesentlich veränderte Naturwälder, keinesfalls aber um echte Urwälder. Einzig der europäische Norden und die südosteuropäischen Gebirge weisen auch heute noch hohe Bewaldungsprozente und nennenswerte Reste der einstigen Urwälder auf. Aber auch diese Reste sind zunehmend bedroht. (...)
In den Alpen sind Urwaldreste äußerst spärlich geworden. Zumeist handelt es sich bloß noch um wenig ausgedehnte, in den Randpartien von außen stark beeinflusste Bestände.
In Deutschland ist zwar eine große Anzahl Naturwaldreservate errichtet worden, von denen aber nur ein kleiner Teil als unberührter Urwald anzusprechen sein dürfte.
In Italien fehlen zuverlässige Erhebungen über noch vorhandene Urwaldreste. Es dürfte sich nur um kleine Flächen im subalpinen Bereich handeln.
Frankreich weist ebenfalls nur wenige Wälder auf, welche möglicherweise vollständig unberührt geblieben sind.
Ebenso fehlen in ganz Westeuropa eigentliche Urwälder.
Ausgedehnte Urwälder sind dagegen in Osteuropa erhalten geblieben (...).

aus bzw. nach: Hans Leibundgut, 1982: Europäische Urwälder der Bergstufe
Hans Leibundgut, 1993: Europäische Urwälder


Ausgewählte Urwaldreste und -reservate in Mitteleuropa*
Land
Name
Waldstufe
Fläche (in ha)
A
Rothwald Fichten-Tannen-Buchenwald, Block-Fichtenwald
296
Neuwald Fichten-Tannen-Buchenwald, Fichtenwald
20
Rauterriegel Steilhangwald mit Zirbe
4
Dobra Buchenwald und Sommerlindenwald
12
Wasserkar Lärchen-Steilhangwald, Übergang subalpiner Fichtenwald
15
Johannser Kogel Zerreichen-Traubeneichen-Hainbuchenwald, Feldahorn-Eschenwald, Buchenwald, Traubeneichen-Buchenwald
21
CH
Derborence Tannenwald mit Lärchen- und Fichtenbeimischung
22,3
Scatlé Fichtenwald
5
CZ
Lanzhot Eichenstufe
33,49
Doutnác Eichenstufe
5
Polom Tannen-Buchen-Stufe
19,39
Razula Tannen-Buchen-Stufe
21,00
Salajka Tannen-Buchen-Stufe
19,25
Zákova hora Fichten-Buchen-Stufe
18,10
Stozec Fichten-Buchen-Stufe
16,21
Zofín Fichten-Buchen-Stufe
50,49
Kubany/Boubín Fichten-Buchen-Stufe
46,66
Bilá Opava Fichtenstufe
30,00
Sk
Dobroc Tannen-Buchenwald, Buchenwald
57,4
Slo
Perucica Tannen-Buchenwald, Buchenwald, subalpiner Fichtenwald
Pecka Tannen-Buchenwald
60,2
Sumik Buchenwald
19,6
*exemplarische Aufstellung ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit
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Quellen: Leibundgut, H. 1982: Europäische Urwälder der Bergstufe
Hans Leibundgut, 1993: Europäische Urwälder
Stefan Korpel´, 1995: Die Urwälder der Westkarpaten

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